Kann ich als junger Mensch mit meiner Stimme etwas bewirken? Soll ich meine Stimme bei der EU-Wahl abgeben oder wird die Wahl sowieso von der Generation 60+ entschieden?
Fakten zur EU-Wahl
Alle fünf Jahre wählen die Bürger:innen der Europäischen Union die Mitglieder des Europäischen Parlaments. In Österreich können Wähler:innen auch Kandidat:innen jener Partei, die sie wählen, Vorzugsstimmen geben. Dadurch erhöht sich die Chance auf deren Einzug ins Parlament. Gewählt wird in allen Ländern nach dem Verhältniswahlrecht. Heuer gibt es dabei erstmals überall eine Mindestprozentklausel, so dass für Kleinstparteien der Parlamentseinzug schwieriger wird.
Das EU-Parlament hat eine wichtige Rolle in der Europäischen Union. Es hat drei zentrale Aufgaben: Gesetzgebung, Kontrolle und Haushalt.
Dieses Jahr findet die EU-Wahl vom 6. bis zum 9. Juni statt. Wahltag in Österreich ist der 9. Juni.
EU-Wahlen als „Wahlen zweiter Ordnung“?
Die EU-Wahlen gelten oft als Nebenwahlen, weil die Parteien sich davon machtpolitisch wenig versprechen. Dementsprechend geben sie im EU-Wahlkampf auch viel weniger Geld aus als für eine nationale Parlamentswahl. Das senkt die Wahlbeteiligung, denn so erscheint die EU-Wahl auch den Bürger:innen oft als zweitrangig.
Eine junge Stimme aus dem Volk
Lena Maierhuber ist eine 25-jährige Vollzeit-Studentin aus Wien. Sie kennt das Gefühl der Machtlosigkeit, nichts bewirken zu können, nur zu gut. Eines ihrer größten Anliegen ist der Klimaschutz. Sie hofft, dass sich hier auf EU-Ebene bald etwas zum Besseren verändert. Wie dies in der Praxis aussieht, ist ihr aber unklar.
„Wir müssen bald etwas für unser Klima unternehmen, denn bald ist es zu spät. Es müssen Gesetze auf EU-Ebene beschlossen werden. Aber den älteren Generationen ist das oft nicht so bewusst und wir jungen Menschen sind einfach sehr wenige, unsere Stimmen verteilen sich auch auf die verschiedenen Parteien. Mit Lena Schilling als Spitzenkandidatin der Grünen hatte ich bei dieser Wahl die Hoffnung, dass wir Jungen endlich mal einen Unterschied machen werden. Nach den ganzen Vorwürfen, die nun gegen Schilling im Raum stehen, wird das wohl wieder nichts werden…“
Lena Maierhuber, 25, Studentin
Das Gefühl der Machtlosigkeit
Insbesondere von der Gruppe der unter 30-jährigen, wird die EU-Wahl als unwichtig angesehen. Die jungen Erwachsenen haben das Gefühl, dass es egal wäre, ob sie bei der EU-Wahl mitstimmen oder nicht. Einerseits ist Österreich ein kleines Land und hat international nicht so einen großen Einfluss, wie beispielsweise unser deutscher Nachbar. Nur 20 von 720 Abgeordneten zum Europäischen Parlament werden in Österreich gewählt. Von den österreichischen Wahlberechtigten sind weniger als ein Fünftel – also bloß einige Promille – unter 30 Jahre alt.
Zudem hat die Gruppe der jungen Erwachsenen den Eindruck, dass die zur Wahl stehenden Politiker und Parteilisten sich vor allem an den über 60-jährigen orientieren, da diese in ihrer Zahl doppelt so viele sind wie die unter 30-jährigen.
Andererseits ist die EU-Wahl natürlich sehr wichtig, denn die Gesetze und Empfehlungen, die auf EU-Ebene entschieden werden, haben entweder unmittelbare Durchgriffswirkung in allen Mitgliedstaaten oder müssen auf nationaler Ebene umgesetzt werden. Die EU-ropäische Politik betrifft somit jeden. Je nach Politikbereich werden bis zu 40 Prozent der Gesetze seitens der EU (mit-)bestimmt. Am meisten ist das in der Umwelt- und Klimapolitik der Fall.
Es stellt sich die Frage: Macht es junge Menschen Sinn zur EU-Wahl zu gehen? Können sie tatsächlich etwas bewirken oder setzen sich sowieso nur die Anliegen der Pensionistengeneration durch?

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Politische Bildung als Langzeitlösung für mehr Wahlbeteiligung
Jede Stimme könne bei einer Wahl den entscheidenden Unterschied machen, so der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Es läge ein Defizit an politischer Bildung vor, wenn Menschen nicht erkennen, dass politische Partizipation auf allen Ebenen wichtig ist. Setze man frühzeitig in Schulen an, um die politische Bildung zu fördern, würde das die Wahlbeteiligung auf lange Sicht erhöhen, auch unter jungen Menschen. Das stärkste Argument für mehr Beteiligung, aus Filzmaiers Sicht ist:
„Die EU betrifft mich nicht“ ist einfach falsch. Wer von den Entscheidungen der EU gar nicht betroffen ist, der ist tot.
Peter Filzmaier, Politikwissenschaftler