Bewährungshilfe, Tatausgleich oder Haft – die aktuellen Antworten auf Jugendkriminalität

Nach dem polarisierenden Fall der Gruppenvergewaltigung einer 12-jährigen in Wien, gibt es laute Rufe danach, auch unter 14-jährige strafrechtlich zu verfolgen. Aber zu was verurteilen? Bevor man die Senkung der Strafmündigkeit fordert, sollte man sich also mal ansehen, welche Strafen es zurzeit für Jugendliche gibt.

Warum überhaupt die Diskussionen rund um Jugendkriminalität?

500 Delikte durch Jugendbanden.“ „Zwölfjährige Opfer von Gruppenvergewaltigung.“ „Obdachlosenmorde in Wien: Bursch stellte sich. Sich von Titeln wie jenen vom ORF nicht emotionalisieren zu lassen fällt schwer, obwohl es bewiesen ist, dass die Jugendkriminalität nicht steigt. Bundeskanzler Karl Nehammer von der österreichischen Volkspartei (ÖVP) kündigt im März an, ein Maßnahmen-Paket zu erarbeiten um auf Situationen wie die Gruppenvergewaltigung zu reagieren, nachdem manche der Tatverdächtigen strafunmündig sind. Expert:innen halten den Vorschlag Nehammers zur Senkung der Strafmündigkeit, für keinen richtigen. Doch wenn man Täter:innen unter 14 Jahren nicht strafen kann, sollten sie dann einfach ohne Konsequenzen leben können? Auch dieser Ansatz scheint womöglich nicht die Lösung für das bestehende Problem zu sein. Um sich aber Maßnahmen für Normübertretungen bei unter 14-jährigen vorstellen zu können, macht es Sinn sich über die aktuellen Strafmöglichkeiten für Jugendliche (14- bis 18-jährige) zu informieren. Thomas Marecek vom Bewährungshilfe-Verein Neustart erklärt zwei Maßnahmen, welche man häufig bei jugendlichen Straftätern verordnet.

Quelle: Jasmin Sharma | Oberster Gerichtshof in Wien 1010

Bedingte Strafe und Bewährungshilfe

Rund ein Drittel der Klient:innen von Neustart, für welche Bewährungshilfe angeordnet wurde, sind unter 21 Jahren. Diese Art von Probezeit dauert mindestens ein und höchstens drei Jahre, wobei man sich anfangs öfter mit dem Bewährungshelfer treffen muss und gegen Ende hin in der Regel nur mehr bis zu wenige Male im Monat. Die Bewährungshilfe lässt Spielraum für die Betreuung.

„Das ist natürlich ganz individuell auf den Bedarf und auf die Lebenssituation von diesem Jugendlichen zugeschnitten, beinhaltet aber auf jeden Fall ein paar Komponenten, die bei allen gleich sind. […] Wie sieht denn das private Umfeld aus? Gibt es erwachsene Bezugspersonen, die diese Person hat? Wie sieht überhaupt das restliche soziale Umfeld aus?“

Thomas Marecek, Neustart

Bewährungshilfe kann also bei verschiedenen Punkten anknüpfen: Hilfe bei Drogenproblematik, Anti-Gewalt-Training, Deliktverarbeitung. Von den Bewährungshilfe Klient:innen von Neustart bleiben drei Jahre nach der Verurteilung 70% von ihnen straffrei.

Diversion (Geldbuße, Tatausgleich oder eine einfache Entschuldigung)

Die sogenannten diversionellen Maßnahmen sollen dem Täter, sowie dem Opfer helfen. Die Möglichkeit einer Diversion entspringt dem Jugendstrafrecht. Seit 2000 kann sie auch bei Erwachsenen vorgeschlagen werden. Zusammengefasst sind diversionelle Maßnahmen eine Art von Leistung die bei manchen Delikten angewendet werden können. Der Sinn dieser Maßnahmen ist es, dass es zu keiner gerichtlichen Verurteilung und deshalb auch zu keinem Eintrag ins Strafregister kommt. Interessant ist hier der Tatausgleich, bei dem sich Opfer und Täter zusammen über das Delikt auseinandersetzten und eine Lösung finden.

„Wichtig dabei ist, dass der Täter die Verantwortung übernimmt für das, was geschehen ist, was er getan hat und dann, wenn es bei einer Körperverletzung ist, macht man sich dann zum Beispiel aus, was könnte jetzt ein berechtigtes Interesse auch des Opfers sein. Da geht es oft um entweder eine Wiedergutmachung, eine finanzielle Entschädigung, wenn etwas kaputt geworden ist, eine Entschuldigung und zum Beispiel das überlegen, wie kann man in Zukunft solche Situationen vermeiden.“

Thomas Marecek, Neustart

Maßnahmen, wie z.B. der Tatausgleich, könnte sich Thomas Marecek für unmündige Straftätige auch vorstellen, dafür müssten diese dann aber altersbedingt angepasst werden. Haftstrafen lehnt er, wie auch die Expert:innen, ab.