Empirische Untersuchungen zeigen, sehr viele Migranten heiraten einen Partner aus ihrem Herkunftsland oder zumindest aus ihrer eigenen ethnischen Community. Häufig wird das als Zeichen für mangelnde Integration gesehen. Das stimmt jedoch nicht immer.

Esmail, 25, kommt aus Afghanistan. Seit 12 Jahren lebt er in Österreich, er spricht fließend Deutsch und arbeitet als Elektrotechniker bei den Wiener Linien. Nach einem Besuch bei seiner Familie im Iran kam er verheiratet retour.
Er ist einer von vielen Migranten, die innerhalb ihrer eigenen ethnischen Community heiraten Und das sind bei Leibe nicht nur schlecht Integrierte Migranten. Nur schlechte Integration als Grund für den hohen Anteil communityinterner Ehen anzuführen, greift zu kurz, zeigt eine Studie der deutschen Soziologin Elisabeth Gernsheim.
Die Gründe für communityinterne Ehen sind vielschichtiger, als man glauben würde
- Gleich und Gleich gestellt sich gerne. Was also. ist überraschend an diesem Heiratsmuster? Ist es nicht das Erwartbarste der Welt?
- Zum Heiraten gehören immer zwei. Wenn es wenige Ehen zwischen Einheimischen und Migranten gibt, liegt das daran, dass sich Migranten nicht für Einheimische interessieren oder könnte es auch umgekehrt sein?
- Häufig übt die Familie Druck auf die Migranten aus. Wirkliche Zwangsehen sind selten, aber die Eltern lassen ihre Kinder deutlich spüren, was sie von ihnen erwarten.
- Migranten, die den Sprung in den Westen geschafft haben, genießen in ihren Heimatländern einen hohe sozialen Status, und haben dadurch gute Chancen am Heiratsmarkt.
- Die Hochzeit mit einem Partner aus dem Heimatland ist eine Möglichkeit den Partner legal nach Europa zu holen.
- Männer können bei einer Ehe innerhalb ihrer eigenen Community leichter ihr patriarchales Rollenbild aufrecht erhalten. Bei Frauen verhält es sich paradoxerweise genau umgekehrt. Die Hochzeit mit einem Mann aus ihrem Heimatland ermöglicht es ihnen eben dieses Rollenbild zu durchbrechen, weil sie einen Wissensvorsprung gegenüber dem Mann haben, was Sprache und Umgang mit Behörden betrifft, und der Mann auf ihrer Hilfe angewiesen ist.
Meine Beine sind von alleine zu ihr gegangen
Es war auf der Hochzeitsparty seiner Schwester, erzählt Esmail von der Begegnung mit seiner Frau: „Ich habe sie gesehen und meine Beine sind von alleine auf sie zugegangen. Wir haben die ganze Nacht geredet und geredet, und ich habe mir gedacht, das ist die Richtige für mich.“
Also war es Liebe auf den ersten Blick? „Jein“ sagt Esmail etwas verlegen. Natürlich habe es auch familiären Druck gegeben. Schon als er in der Hauptschule war, hätten seine Eltern ihn gedrängt, endlich zu heiraten. 2018 habe er deswegen einen großen Streit mit seinem Vater gehabt, erzählt Esmail. Er habe seinem Vater sogar gedroht, er würde den Kontakt abbrechen, wenn er noch einmal davon anfängt. Und auch jetzt habe er nicht vor gehabt zu heiraten. Aber manchmal passiere so etwas eben.
Nachdem ihn seine Beine zu seiner Frau gerührt hatten, hatte Esmail nur vier Tage: Gleich am nächsten Morgen redete er mit seinen Eltern. Sie waren hocherfreut: „Super! Passt, gemma.“ Noch am selben Tag gingen sie zur Familie der Braut und handelten alles aus. Zwei Tage später gab es dann noch eine kleine Feier. Nur 100 Leute.
Österreicher sind so distanziert
Es dauerte über ein Jahr die Frau nachzuholen. Seit drei Monaten ist sie nun in Österreich. Und wie geht es ihr hier? . „Ich weiß oft nicht, wie ich mich verhalten soll“ erzählt Emails Frau. Es gebe so viele kulturelle Fettnäpfchen. Deswegen verlassen sie kaum das Haus.
Hätte sich Esmail auch vorstellen können eine Österreicherin zu heiraten? „Nein“,sagt er. „Eine Ehe ist schon ohne der kulturellen Barriere schwierig. Es ist besser, wenn ich eine Frau aus meiner Kultur heirate.“ Außerdem wie solle er eine Österreicherin finden. Er habe kaum Österreichische Freunde. „Das ist einfach eine andere Kultur“, meint Esmail. „Die Leute hier sind so distanziert. Am Anfang habe ich geglaubt, sie haben Angst vor mir. Aber inzwischen weiß ich, das stimmt nicht. So sind sie aufgewachsen.“