Gemeinsam statt alleine – Der Bicibus revolutioniert den Schulweg

Von Christian Steinberger

Der Bicibus – eine neue Art den Schulweg zu bestreiten. Viele Kinder treffen sich und radeln gemeinsam mit einigen Eltern eine bestimmte Route entlang. Bei „Haltestellen“ können weitere Kinder zusteigen. Ziel ist die Schule. Klingt cool, doch kann das in der Praxis funktionieren?

© Michael Doberer

Mittwochmorgen. 7:30 Uhr. Treffpunkt bei der Kalvarienbergkirche im 17. Wiener Gemeindebezirk. Einige Kinder kommen alleine, andere werden wiederrum von den Eltern hergebracht. Gemeinsam wollen sie mit dem Bicibus zur Volksschule Kindermanngasse fahren. Doch noch müssen sie kurz warten, in ein paar Minuten wird die Gruppe vom Diepoldplatz zu ihnen stoßen, dort schließen sie sich dann an. „Diepold startet“, verkündet Michael Doberer, einer der Gründer des Hernalser Bicibusses vom Elternverein, kurz darauf einigen Kindern, die das sofort weitererzählen. Und tatsächlich: Nur zwei Minuten später kommt die Gruppe vom Diepoldplatz und es geht los.

Praktischste Lösung

Die Idee kommt ursprünglich vermutlich aus Belgien. Bereits 1998 soll er dort im Einsatz gewesen sein. Das Hernalser Projekt orientiert sich am Bicibus aus Barcelona und ist seit Herbst 2023 an jedem Schultag unterwegs. Das eigentliche Volksschulgebäude in der Kindermanngasse wird aktuell umgebaut; aus diesem Grund hat man sich hier nach Möglichkeiten umgeschaut, sicher zum Ersatzgebäude in der Panikengasse zu kommen. Eine Option wäre die Straßenbahn, die hat aber regelmäßig Verspätung, berichten Eltern und auch Kinder. Die Initiative haben dann schließlich Michael Doberer und Sebastian Böck ergriffen und den Bicibus gestartet. Trotz der Organisation ist es für sie die praktischste Lösung. Und das Projekt wird gut angenommen: Je nach Wetter sind teilweise über 40 Kinder dabei. „Das passt super in der Früh und die Kinder haben auch gleich viel Bewegung“, erzählt der Vater eines Zweitklässlers, der fast jeden Tag dabei ist.

© Christian Steinberger

Gruppengröße und Route für Sicherheit entscheidend

Auch bei Autofahrern stößt das Projekt Großteils auf Verständnis, obwohl die Kinder fast die gesamte Fahrbahnbreite für sich beanspruchen. Die meisten fahren geduldig hinterher, weil sie es begrüßen, dass Kinder mit dem Fahrrad unterwegs sind. Das ist laut Doberer aber nur aufgrund der Gruppengröße und der gewählten Route so. Wenn man alleine mit ein oder zwei Kindern unterwegs ist, dann drängeln deutlich mehr Autofahrer. Außerdem vermeidet der Bicibus geheime Schleichwege, dort würde es viel häufiger zu gefährlichen Situationen kommen. Aber auch größere Straßen wie die Ottakringer Straße werden nicht befahren oder zumindest nur überquert. Dafür stellen sich die Erwachsenen dann auf die Fahrbahn damit alle Kinder auf einmal über die Kreuzung kommen, auch wenn es bereits rot ist. Das ist in Österreich durch die Verbandsregel so auch erlaubt. Und auch der „Zustieg“ neuer Kinder funktioniert reibungslos: Die neuen Schüler schließen sich einfach hinten an. So ist es nicht einmal notwendig, dass alle anderen stehen bleiben.

Mehr als nur der Schulweg

Das Projekt dreht sich aber schon lange nicht mehr nur um den Schulweg, vielmehr geht es darum, die Kultur des Radfahrens mehr zu etablieren. „Früh mit dem Radeln anfangen und die Freude daran entdecken“ ist Doberers Ziel. Diese Themen finden etwa auch im Unterricht Platz, wo die Kinder zum Beispiel in der Klimawoche mehr über klimafreundliche Mobilität erfahren. Doch auch außerhalb der Schule gibt es Unterstützung. So baute der Bezirk etwa vor der Schule neue Radständer extra für den Bicibus auf, da zuvor viel zu wenig Platz für all die Fahrräder vorhanden war.

Nach Baustellenende vermutlich kleiner

Doch auch wenn der Bicibus aktuell sehr gut angenommen wird, ist die längere Zukunft noch etwas unsicher. Denn mit Herbst 2025 sollen die Umbauarbeiten in der Kindermanngasse fertig werden und die Schule wieder dorthin zurückziehen. Dann können viele Kinder wieder zu Fuß gehen. „Der Bicibus wird sicher kleiner werden“, weiß auch Doberer, trotzdem glaubt er an eine Zukunft. Zum Beispiel gäbe es einige Kinder aus Ottakring, die mit einer neuen Bicibus-Route, auch nach der Baustelle jeden Tag gemeinsam zur Schule radeln könnten.

© Michael Doberer

Weiterführende Links:

https://www.radlobby.at/bicibus/wien